Johann Strauss
Fledermaus
Ouvertüre
Seit der Uraufführung im Jahr 1874 zählt Johann Strauss’ (Sohn) Fledermaus zu den Höhepunkten der Operettenära. Lug und Trug, Verkleidungen, Verwechselungen, Liebeleien und Schmäh machen die „komische Oper“ immer wieder zu einem Vergnügen.
Beim Hören der Ouvertüre gewinnt man den Eindruck eines Potpourris vieler Themen der Operette, obwohl sie eigentlich in freier Sonatenhauptsatzform komponiert wurde.
Die Ouvertüre beginnt in einer Einleitung mit dem chromatischen Kopfmotiv, das Teil des Eisenstein-Themas ist. Dieses Thema hört man erst in der vorletzten Szene der Operette, als Eisenstein, die Verkleidung als Notar aufgegeben, spricht: „Ja, ich bin’s, den ihr betrogen, ja, ich bin’s, den ihr belogen“. Somit wird hier auch auf den Inhalt der Operette hingewiesen: die Rache der Fledermaus an Gabriel von Eisenstein.
Nach einem Anklang des ersten Auftritts der Adele – als diese den vermeintlichen Brief ihrer Schwester Ida mit der Einladung in das Palais des Prinzen Orlowsky erhält – hören wir sechs Glockenschläge, die zum Finale des 2. Aktes erklingen, als sich sowohl Eisenstein als auch der Gefängnisdirektor nach durchzechter Nacht auf den Weg ins Gefängnis machen müssen.
Anschließend erklingt das Thema Eisensteins aus der vorletzten Szene der Operette, als er als Notar verkleidet seine Frau Rosalinde und Alfred mit den Worten: „Ich bitt, mir alles zu gestehen und nichts zu übergehen“ befragt.
Jetzt beginnt die Exposition der Ouvertüre mit dem „Hauptthema der Fledermaus“, das erst bei der Auflösung des Schwindels am Ende der Operette erklingt:
Eisenstein: „So erklärt mir doch, ich bitt!“
Falke: „Alles was Dir Sorgen macht, war ein Scherz von mir erdacht“.
Adele, Orlowsky, Alfred, Frank mit dem Chor: „Und wir alle spielten mit“.
Endlich spielt nun ein Walzer, der gleichzeitig das Seitenthema der Ouvertüre und eines der berühmtesten Themen der Operette ist. Er wird im 2. Akt von Prinz Orlowsky gesungen, der seine Gäste zum Tanzen auffordert. Anschließend geht die Passage in ein zweites Walzerthema über, als die Gäste des Prinzen singen: „Ha, welch ein Fest, welche Nacht voll Freud! Liebe und Wein gibt uns Seligkeit; ging’s durch das Leben so flott wie heut, wär jede Stunde der Lust geweiht!“
Die Schlussgruppe der Exposition verbindet mehrere Themen des 1. Aktes miteinander: das Rosalinden-Thema, das erklingt, als sie Abschied von ihrem Mann nimmt („So muss allein ich bleiben, acht Tage ohne dich! Wie soll ich dir beschreiben mein Leid so fürchterlich!“, sowie „Ich werde dein gedenken des Morgens beim Kaffee, wenn ich dir ein will schenken, die leere Tasse seh.“) und das Cancan-Thema, das Rosalinde, Adele und Gabriel gemeinsam singen: „O je, o je, wie rührt mich dies, o je, o je, wie rührt mich dies.“
Die Durchführung ist kurz gehalten und verwendet Thema und Motive
des Gabriel von Eisenstein, während die Reprise nach den Regeln der Sonatenhauptsatzform die Themen der Exposition in selbiger Reihenfolge verwendet.
Zuletzt hören wir in der Coda noch einmal „O je, o je, wie rührt mich dies, o je, o je, wie rührt mich dies.“, während das Eisenstein-Motiv nach Anfang und Mitte der Ouvertüre auch ihren Abschluss bildet.
Aileen Ritter-Prieler